Die Pandemie hat die Branche verändert

28. Juli 2021 | Von Manfred Suthues in Firmen

Duisburg, 19. Jul 2021–Die Corona-Pandemie hat die Menschen weltweit vor große Herausforderungen gestelltundenorme Auswirkungen auf alle Bereicheder Weltwirtschaft.Rolf Eiten, President & CEO, Clark Europe erläutert,wie das Unternehmen auf die damit einhergehenden Herausforderungen reagiert und wie Covid-19 den Geschäftsalltag des Flurförderzeugherstellers verändert hat.

Rolf Eiten, CEO Clark Europe im Interview

Wir haben seit mehr als anderthalb Jahren mit der Covid-19-Pandemie zu kämpfen. Was hats ich bei Clark am Unternehmensalltag geändert?

In unserem Unternehmen haben sichinzwischen Homeoffice und virtuelle Zusammenarbeit fest etabliert. Und auch mit unseren Geschäftspartnern oder Kollegen innerhalb der Clark Organisation kommunizieren wir per Videokonferenz.Die Projektarbeit unserer Teamserfolgt über digitale Whiteboards und zur Schulung unserer Vertriebspartner nutzen wir virtuelle Präsentationsplattformen. Die Corona-Pandemie hat uns gezeigt, dass der virtuelle Austausch gut funktioniert und wir damitZeit und Ressourcen einsparen können. Erersetztaber auf Dauer Präsenzveranstaltungennicht komplett. Gerade die Zusammenarbeitmit unseren Geschäftspartnernund Kundenlebt vom persönlichen Kontakt vor Ort.

Wie würden Sie die wirtschaftliche Situation Ihres Unternehmens beschreiben?

Nachdem im 1. Halbjahr 2020 die Auftragslage aufgrund der Corona-Krisesehr schlecht war, hat diese im 2. Halbjahr 2020 wieder stark angezogen, so dass wir das Geschäftsjahr 2020 mit einemZuwachs von etwas über 3 % zum Vorjahr abschließen konnten. Im ersten Halbjahr 2021 ist die Auftragslage so gut wie noch nie.Der Markt für Flurförderzeuge ist in unserer Marktregion im Jahr 2021 um 70 % gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Weltweit konnte Clark dasAuftragsvolumen sogar um 50 % gegenüber dem Ergebnis des Vorjahres steigern. Inder EMEA-Region –also in Europe, dem Mittleren Osten und Afrika –konnten wir unsere Auftragseingänge um 80 % zumVorjahrsteigern. Ich glaube nicht, dass irgendjemand damit gerechnet hat, dass der Markt in der Corona-Krise so viel Fahrt aufnimmt.Ein Wermutstropfen dabei ist allerdings, dass wir, wie viele unserer Wettbewerber, Probleme in der Lieferketteund bei der Beschaffung von Komponenten haben, da viele Zulieferteile aus Asien kommen. Für unsere Kunden hat das zur Konsequenz, dass sie deutlichlängerauf die Lieferung vonFahrzeugenwarten müssen.Die Lieferkette ist allerdings nicht die einzigeHerausforderung,vor welcherder Marktzurzeit steht. Hinzu kommennoch eine drastische Erhöhung der Frachtkosten,Lieferverzögerungen durch Engpässe in der Seefrachtsowie die ständig steigenden Rohstoffpreise. Die Branche bewegt sich zurzeit in einem sehr schwierigen Umfeld.

Fällt den Herstellern das jetzt auf die Füße, dass jahrelang nicht nur die Beschaffungvon Zulieferteilen, sondern auch ganze Fertigungen ins Ausland und insbesondere nach Asien verlagert wurden?

Die Handelsbeziehungen zwischen Europa und Asien sind im Laufe der Jahre immer stärker geworden. Firmen haben nach Fernost nicht nur Aufträge vergeben, sondern auch Technologietransfer betrieben. Es gibt heute fast kein Unternehmenmehr, das nicht Material aus China bezieht. Somit stehen wir hier mehr oder minder vor dem gleichen Dilemma. Ich glaube, dass die Covid-19-Pandemie uns gerade ganz deutlich zeigt,wie groß die Gefahr dieser Asienabhängigkeitwirklich ist, die wir alle bislang billigend in Kauf genommen haben–und ja,jetzt fällt es uns auf die Füße, dass wir, um Kosten zu sparen, Produktionennach Asien ausgelagert haben. Jetzt zahlen wir in jederHinsicht ordentlich drauf.

Welche Maßnahmen haben Sie ergriffen, um hier zumindest gegenzusteuern?

Zur Sicherung unserer Lieferkette haben wir bereits frühzeitig für unseren eigenen Vorrat Maschinen geordert. Zudem haben wir im Verbund mit den weltweiten ClarkFabriken und den Transporteuren eine Vielzahl von Maßnahmen ergriffen:Wir habenunsereLieferanten besucht, um uns ein Bild von der Situation vor Ort zu machen und zueruieren, wie wir dieseunterstützen können, um die Materialbeschaffung zu beschleunigen. Wir habenzum Beispiel Teile per Vorkasse bestellt, um den Lieferanten unter die Arme zu greifen,Lieferanten gewechselt,um Kosten zu reduzierensowienachneuenSpediteurenAusschau gehalten, um Lieferungen zubeschleunigen.Zumgegenwärtigen Zeitpunkt läuft deshalb die Produktion in allen unserenWerkenund auch die Lieferketten sind weitgehend intakt. Es dauert nur alles etwas länger.

Bereuen Sie jetzt, dass die Montagefertigung in Duisburg noch nicht steht?

Nein, im Gegenteil!Ich bin froh,dass dieses Projekt erst einmal zurückgestellt wurde. Eine Montagefertigung in Duisburg würde an der aktuellen Situation nichtswesentlich ändern, denn 95 % der Teile kämenim Baukastensystem aus Fernost. Wir wären in genau derselben Abhängigkeit und hätte vielleicht lediglich mehr Flexibilität beim Zusammenbauder Geräte.

Nutzen Sie nun die geschaffenen Kapazitäten für die Montagefertigung anderweitig?

Allerdings! Wir haben den Fokus auf das Gebrauchtgerätegeschäft sowie den Ausbau unseres Direktgeschäfts im Raum Duisburg gelegt.

Das heißt, Sie nutzen die freien Werkstattkapazitäten für die Aufarbeitung von Gebrauchtgeräten?

Genau! Wir haben im letzten Jahr damit begonnen, testweise Gebrauchtfahrzeuge anzukaufen, um daran die Aufarbeitung von Gebrauchtfahrzeugen zu lernen und Qualitätsstandards zu entwickeln. Dazu haben wir unter anderem in die bestehende Lackieranlage investiert und diese modernisiert und aufgerüstet. Wir können Geräte jetzt im Nasslackverfahren lackieren, dadurch ist die Lackierung viel hochwertiger und haltbarer. Somit kann der Kunde bei Clark Gebrauchtfahrzeugen auf qualitativ sehr hochwertige Fahrzeuge bauen. Die ersten aufgearbeiteten Fahrzeuge hat man uns quasi aus der Hand gerissen. Jetztbauen wir diesen Geschäftsbereich peu à peu noch weiter aus. Seit Besuche beim Kunden wieder möglich sind, hat auch unser Direktgeschäft stark angezogen. Wir können uns also nicht beklagen.

Auch beim Ausbau der Produktpalette ist Clark aktiv?

ImBereich der Lagertechnik wurde die Palette der Fahrzeuge mit Lithium-Ionen-Technologie erweitert?Ja, das ist richtig! Wir haben mit der WPio-Baureihe mit Tragfähigkeiten von 1,2 bis 2t im letzten Jahr unser Sortiment im Bereich der Niederhubwagen erweitert. Betreiber können bei Clark zukünftig von den Vorteilen der Lithium-Ionen-Batterieprofitieren:wie der einfachenHandhabung und Wartungsfreiheit, der hohenEnergiedichte mit entsprechend hoher Fahrleistung, dem schnellenZwischenladen ohne Einschränkung der Lebensdauer sowie dem gasungsfreien Nachladen der Batterie.Wir haben mit dem COP1 einen Kommissionierer auf den Markt gebracht, der nicht nur äußerst effizient bei der Kommissionierung von Waren ist, sondern sich auch – dank der hochfahrbaren Arbeitsplattform –als Rollleiter oder Arbeitsbühnebewährt. Zudem haben wir diePalette der Handgabelhubwagen um den HPT Eco und HPT Premium erweitert. Beide Geräte zeichnen sich durch eine hohe Stabilität und einfache Bedienung aus und verfügen über eine Tragfähigkeit von 2500kg –dabei istder HPT Eco für leichtere und der HPT Premium für anspruchsvollere Einsätze konzipiert.

Bei der Clark Motorentechnologie hat sich auch etwas getan?

Allerdings! Clark hat in 2020 für dieDieselstapler der Baureihen C40-55sD und C60-80D900 mit Tragfähigkeiten von 4 bis 8 t einen Kubota-Dieselmotor der Stufe 5mit Dieselpartikelfilter und Dieseloxidationskatalysator auf den Markt gebracht. Damit eröffnen sich für Clark Dieselstapler jetzt Anwendungsbereiche, die ihnen in der Vergangenheit aufgrund des fehlenden Dieselpartikelfiltersvorenthalten waren.Auch für die Produktionslogistik haben Sie eine neue Lösung präsentiert?Korrekt. Clark hat Anfang des Jahres ein Routenzugsystem auf den Markt gebracht. Mit dieser All-in-One-Lösung sind wir ganz gezielt auf die spezifischenAnforderungenvon Industriekunden eingegangen. Der Routenzug besteht aus dem Clark Schlepper CTX40-70 mit einer Anhängelast von 4 bzw. 7 t sowie aus den Anhängern CTR01 und CTR02. Der als Single U-Frame ausgelegte Anhänger CTR01 ist für Kunden konzipiert, die überwiegend Europaletten transportieren müssen. Er kann einen fahrbaren Trolley aufnehmen, auf dem Europaletten mit einer maximalenZuladung von 1200kg transportiert werden können. Der Double U-Frame-Anhänger CTR02 kann sowohl Europaletten als auch andere in der Industrie übliche Palettenarten aufnehmen. Übereinen verschiebbaren Mittelträger kann der Betreiber flexibel wählen zwischen einemTrolley mit einer Größe von 1600x1000mm und einer Zuladung von bis zu 1600kg oder zwei Trolleys mit je 800kgLastgewicht.Zurzeit realisieren wir in diesem Bereich ein neues Kundenprojekt. Dazu haben wir unsere Schlepperpalette um Fahrzeuge mit einer Tragfähigkeit von 3 t erweitert.

Quelle Text & Bild: Clark Europe