Forschungs- und Technologiezentrum Ladungssicherung: Impulse für Wissenschaft und Wirtschaft

6. Mai 2014 | Von Manfred Suthues in Reportagen
Zu hohe Geschwindigkeiten, vor allem in Kurven, sind häufige Ursache für LKW-Unfälle – durch die Fliehkräfte verschiebt sich die Ladung und wirft den Brummi aus der Spur.

Zu hohe Geschwindigkeiten, vor allem in Kurven, sind häufige Ursache für LKW-Unfälle – durch die Fliehkräfte verschiebt sich die Ladung und wirft den Brummi aus der Spur.

Jeder zehnte Arbeitsplatz im fast 400.000 Einwohner zählenden Kreis Unna hängt von der Logistik ab. Um neue Impulse für die Sicherheit in diesem Wirtschaftszweig zu setzen, investieren das Land NRW und die Europäische Union 6,5 Millionen Euro in das Forschungs- und Technologiezentrum Ladungssicherung in Selm. Ende Februar wurde das Zentrum feierlich eröffnet.

Auf einem rund 13 Hektar großen ehemaligen Bundeswehrgelände zwischen Münsterland und Ruhrgebiet an den Stadtgrenzen zu Lünen und Selm befinden sich eine Schulungsakademie, ein Forschungsinstitut und ein Freiluft-Forschungszentrum für LKW und PKW. Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung, die Polizei und die Feuerwehr unterstützen die Einrichtung und demonstrierten ihre Beteiligung mit der Teilnahme an der Eröffnung.

Garrelt Duin, Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk des Landes Nordrhein-Westfalen: „Das Forschungs- und Technologiezentrum ist eine hervorragende Ergänzung der bestehenden Warenverteilzentren und logistischen Forschungseinrichtungen im östlichen Ruhrgebiet. Dieses in Europa einzigartige Freiluft-Forschungslabor hat das Potential zum Champion in Nordrhein-Westfalen.“

In diesem Freiluft-Labor sollen künftig unter realen Bedingungen die Wechselwirkungen zwischen unterschiedlichen Fahrsituationen und dem Ladungsverhalten wissenschaftlich untersucht werden. Ladungssicherungsmittel und -konzepte sollen dank der neu gewonnenen Erkenntnisse weiterentwickelt werden. Weitere Ziele sind die Unfallprävention sowie die Bildung neuer technischer Normen und Richtlinien.

Die Forschungsinfrastruktur ist von zahlreichen Spezialisten entwickelt worden. Drei verschiedene Teststrecken für alle Fahrzeugklassen von PKW bis LKW sind mit modernster Messtechnik ausgestattet. Auf drei Modulen für Fahrversuche, „Hügelstrecke“, „Kreisbahn“ und „Dynamikplatte“ simulieren die Techniker und Ingenieure unterschiedliche Rahmenbedingungen. Die Testfahrten werden exakt gemessen. „Das Forschungszentrum bietet praxisgerechte Rahmenbedingungen und ein modernes Forschungsumfeld für die Weiterentwicklung der Ladungssicherung“, so Ralf Damberg, Geschäftsführer der Einrichtung.

Dazu gehören plötzlich auftretende Hindernisse, unterschiedliche Fahrbahnbeläge und Witterungsbedingungen. Im Praxistest wird erforscht wie die Fahrzeuge reagieren und welche Auswirkungen das auf die Ladung sowie die Verpackungs- und Ladungssicherungsmittel hat.

Auf der „Kreisbahn“ kommen LKW zum Einsatz. An- und Auslaufstrecken ermöglichen auf 70 Metern Durchmesser Fahrversuche unter Realbedigungen, inklusive Wassersäulen und mechanischen Barrieren. Auf der „Hügelstrecke“ werden Kräfte, die bei Berg- und Talfahrten auf Fahrzeug und Ladung wirken, erfasst und ausgewertet. Die „Dynamikplatte“ und „Schwerbelastungsstrecke“ erlauben Messungen bei unterschiedlichen Fahrbahnbeschaffenheiten auch für schwere Nutzfahrzeuge.

Eine bereits auf dem Gelände vorhandene, 3.000 Quadratmeter große Halle wird für Versuchsvorbereitungen und den Testbetrieb genutzt. Nach einer Kernsanierung kann auch das ehemalige Casino der Bundeswehr weiter verwendet werden: Hier entstanden Schulungs- und Aufenthaltsräume. In der Akademie des Forschungszentrums werden die Ergebnisse der Testfahrten genutzt, um Berufskraftfahrer, Logistiker und Experten im Schwerpunkt Ladungssicherung zu schulen.

Udo Dolezych, Präsident der IHK zu Dortmund, betonte bei der Eröffnung die Bedeutung des Forschungszentrums für die gesamte Region. „Aus einem Zukunftstraum wird nun Realität. Mit diesem Fachzentrum gewinnt die Logistikregion ein Alleinstellungsmerkmal, qualifiziert sich weiter und macht sie unverwechselbar. Wir laden die Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft ein, Zukunft zu gestalten und mit uns in einen Dialog zu treten.“ Für den IHK-Präsidenten stellen die Akademie, das Forschungsinstitut und das Freiluft-Forschungslabor eine einmalige Symbiose dar. „Die Verzahnung von Forschung, Entwicklung und Praxis sowie Qualifizierung ist in dieser Konstellation einzigartig.“