Hubtex: Bundesbahnen stellen die Weichen auf Zukunft
Das SBB Bahntechnik Center Hägendorf sichert den Materialfluss für die Produktion von halben Zungenvorrichtungen mit zwei koppelbaren Elektroplattformwagen von Hubtex.
Pünktlich und zuverlässig: Solches Lob bekommt die Deutsche Bahn eher selten zu hören. Im Gegensatz dazu genießen die Schweizerischen Bundesbahnen ein hervorragendes Image, was unter anderem an der sorgfältigen Wartung ihrer Infrastruktur liegt. Rund 600 der insgesamt 13.000 Weichen im mehr als 3.000 Kilometer umfassenden Schienennetz werden jedes Jahr ausgetauscht. Die Herstellung dieser Weichen und weitere Vorsorge- und Erhaltungsmaßnahmen gehören zum Aufgabenspektrum des SBB Bahntechnik Centers Hägendorf (BTC).
Anspruchsvoller Materialfluss
Ein Großteil der hier benötigten Ersatzteile stammt aus eigener Produktion. Seit August 2017 werden in Hägendorf auch die „halben Zungenvorrichtungen“ – kurz HZV – hergestellt. Sie können je nach Baugröße eine Gesamtlänge von bis zu 32 Metern aufweisen und bestehen aus einer Stockschiene sowie einer Zunge. Die Zungenvorrichtung erlaubt dem Zug die Richtungsänderung, um entweder in den Haupt- oder Zweigstrang einzufahren.
Für die hausinterne Produktion der HZVs investierte das BTC in eine neue Produktionsanlage, die hohe Anforderungen an den Materialfluss stellt. Für das Be- und Entladen der Maschine wurde eine Transportlösung benötigt, mit der die langen Weichenteile problemlos und effizient befördert werden können.
Aus zwei mach eins
„Als Eisenbahnunternehmen wollten wir diese Aufgabe zunächst mit einem schienengebundenen Fahrzeug lösen“, erinnert sich Projektleiter Rolf Kissling. Doch im Interesse einer möglichst hohen Flexibilität entschied man sich schließlich für eine frei verfahrbare Plattform, die auch für andere Logistikaufgaben eingesetzt werden kann. Mit dieser Überzeugung erstellte das BTC gemeinsam mit der internen Abteilung „Fahrzeug- und Flottenmanagement“ ein Lastenheft und startete eine Ausschreibung unter drei potenziellen Anbietern. „Von den Offerten konnte uns jedoch keine so recht begeistern“, so Kissling. Erst in der zweiten Runde kamen Hubtex und deren Schweizer Generalimporteur Rohrer-Marti hinzu, die auf Anhieb eine überzeugende Lösung präsentierten. „Für jede Anforderung unseres Pflichtenheftes erhielten wir eine passende Antwort, wobei auch die Kosten im Rahmen lagen“, betont Kissling.
Das BTC bestellte zwei Hubtex Elektro-Plattformwagen vom Typ SFB mit einer Tragfähigkeit von 20 Tonnen, Mehrwegelenkung, Fernbedienung und Klapparmen zur Ladeflächenverlängerung. Mit geöffneten Klapparmen kommt jede Plattform auf eine Länge von 12,35 Metern. Zu den Besonderheiten der Lösung zählt, dass beide Fahrzeuge bei Bedarf zu einer 24,75 Meter langen Einheit gekoppelt werden können.
Beliebte Geräte
Die beiden Bedienteile der Plattformen sind mit jeweils zwei Joysticks ausgestattet, die das Vor- und Rückwärtsfahren sowie das Lenken nach rechts und links ermöglichen. Über einen Schalter können die verschiedenen Fahrprogramme wie Längs-, Quer- oder Kreisfahrt bestimmt werden. Außerdem stehen Allrad-, Diagonal-, Vorder- und Hinterachslenkung zur Wahl. Zusätzlich sind am Bedienteil nur noch ein Not-Aus-Schalter sowie ein Taster zur Betätigung der Hupe angebracht. „Per Fernbedienung lassen sich die Plattformen sehr leicht und intuitiv bedienen, so dass uns die etwa einstündige Schulung völlig ausreichte“, sagt Özcan Caprak, der regelmäßig mit den Fahrzeugen unterwegs ist.
Beim morgendlichen Schichtbeginn steht zunächst der Abtransport der Fertigteile aus der Produktion auf dem Programm. Dabei erfolgt die Beladung mit einem Hallenkran, der die halben Zungenvorrichtungen bis zur maximalen Tragfähigkeit von 20 Tonnen auf die jeweilige Plattform stapelt. Von dort aus dirigiert ein Mitarbeiter das Gerät per Funksteuerung aus der Halle heraus zum etwa 120 Meter entfernten Umschlagplatz, wo die Weichenbauteile auf die bereitstehenden Güter-Waggons verladen werden. Danach dienen die Plattformen zum Beladen von Rohmaterial an die Maschine, wo im Zweischichtbetrieb weitere HZV produziert werden.
Schnell verbunden
Etwa zehnmal im Jahr müssen die beiden Plattformen zu einer Einheit verbunden werden. „Die volle Länge der Transportfläche von rund 25 Metern benötigen wir nur beim Bau der größten HZVs, welche 31,5 Meter lang sind“, bestätigt Kissling. Zur Koppelfahrt müssen an beiden Selbstfahrern die Klapparme ausgeklappt sein, was beim BTC ohnehin permanent der Fall ist. Anschließend werden die Plattformen unmittelbar hintereinander positioniert und mit Hilfe eines Steckbolzens mechanisch verbunden. Danach muss nur noch ein Verbindungskabel angeschlossen und die Steuerung in den „Koppelmodus“ umgeschaltet werden. Dieser Vorgang dauert nur wenige Minuten. Nun lässt sich das Gefährt mit nur einer einzigen Funkfernbedienung in alle Richtungen bewegen.
Mit den beschriebenen Arbeiten sind die beiden Plattformen nur rund eine Stunde pro Tag ausgelastet. Dennoch müssen die Fahrzeuge jederzeit zuverlässig bereitstehen, denn für die täglichen Transporte gibt es keine Alternativlösung. „Ohne die Geräte würde unsere Produktion innerhalb weniger Stunden stillstehen“, unterstreicht Kissling, der die hohe Service-Qualität der Rohrer-Marti AG bereits getestet hat: „Im Rahmen eines Vorsorge-Termins war der Techniker von Rohrer-Marti innerhalb von nur 60 Minuten bei uns vor Ort, um an den beiden Plattformen einen Routine-Check durchzuführen“.
Keine Überraschungen
Für den General-Importeur stellt die Wartung der Elektroplattformwagen keine große Herausforderung dar, was vor allem auf das Hubtex Baukastensystem zurückzuführen ist. Der in Fulda beheimatete Hersteller beschränkt die Vielfalt der Komponenten auf das technologisch notwendige Minimum, so dass ein Service-Techniker bei Wartungs- und Reparaturarbeiten keine Überraschungen erlebt. „Dies zählt umso mehr, da es sich bei vielen von Hubtex gebauten Stapler, System- und Sonderfahrzeuge um individuelle Einzelstücke handelt“, erklärt Nicolas Adam, der bei Rohrer-Marti als Verkaufsberater arbeitet und dortiger Ansprechpartner für das BTC ist.